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Hartz IV und Miete: Singles mit größeren Wohnungen - die Warmduscher Berlins?

Nicht nachvollziehbar: Angemessene Warmwasserkosten werden in Berlin anhand der Wohnfläche bestimmt.

24.11.2012
Rechtsanwalt Jan Becker

Wer allein wohnt und seinen Lebensunterhalt von Sozialleistungen bestreiten muss, kann in Berlin länger warm duschen als Angehörige von Mehrpersonenhaushalten. Das ergibt sich aus der „Wohnaufwendungenverordnung“ (WAV) von Mai 2012.

Berlin: Für eine Person 9,00 Euro Warmwasserkosten pro Monat angemessen

Datengrundlage für die WAV ist der jährlich erscheinende Bundesheizspiegel der Firma co2online gGmbH. Dieser Heizspiegel ist im Internet öffentlich zugänglich und enthält statistische Durchschnittswerte – mehr nicht. Nach dem Heizspiegel 2011 betragen die statistisch durchschnittlichen Warmwasserkosten im Bundesgebiet 2,10 Euro pro qm Wohnfläche im Jahr. Damit ist rein gar nichts dazu gesagt, wie viel Warmwasserkosten eine Person im Durchschnitt hat. Trotzdem rechnet Berlin weiter: Angemessene Wohnfläche für einen Einpersonenhaushalt ist nach der WAV eine Fläche von maximal 50 qm. Eine Person soll dann in Berlin 9,00 Euro Warmwasser im Monat verbrauchen dürfen (2,10 x 50 : 12 = 8,75 ….aufgerundet auf 9,00 Euro). Nach dieser „Logik“ müsste eine Person in einer 80 qm – Wohnung beim Duschen doppelt so viel warmes Wasser verbrauchen wie auf 40 qm.

Jede weitere Person: 2,00 Euro mehr pro Monat

Bei zwei Personen gibt es nach der WAV 11,00 Euro bei drei 13,00 Euro usw.. Die angemessene Wohnfläche für fünf Personen liegt bei 97 qm, also 19,4 qm pro Person. Für fünf Personen sind 17,00 Euro Warmwasserkosten monatlich vorgesehen (97 x 2,10 : 12 = 16,97 Euro). Damit kann warmes Wasser nicht finanziert werden.

Landessozialgericht: WAV nicht anwendbar bei Sozialhilfe (SGB XII)

Das Landessozialgericht Berlin Brandenburg erklärte etwa drei Monate nach Inkrafttreten, dass die WAV im SGB-XII–Bereich (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) gar keine Anwendung finden kann (LSG Berlin-Brandenburg, 21.08.2012 -L 36 AS 1162/12 NK-). Ob die WAV im SGB-II–Bereich weiter angewendet wird, bleibt abzuwarten. Schlüssig ist sie jedenfalls hinsichtlich der Warmwasserkosten nicht.

Sollten Sie aufgrund der neuen WAV Berlin nicht ihre Kosten der Unterkunft und Heizung sowie Warmwasseraufbereitungskosten vollständig vom Jobcenter bzw. Bezirksamt übernommen erhalten, beraten wir Sie gern in unserem Büro zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten.